Der Lebenslauf von Axel Schmitt

Hartes Brot

Geboren wurde ich am 14.05.1981 in Frankenwinheim, einem kleinen Dorf im Unterfranken, in dem ich bis heute lebe. Meine Eltern hatten in dritter Generation eine Bäckerei. Es waren schwere Zeiten. Das 100 Jahre alte Haus war marode und das Geld reichte hinten und vorne nicht. Daher musste viel und hart gearbeitet werden. Die einzige Maschine in der Backstube war ein uralter Teigkneter. Der Ofen wurde noch mit Kohle beheizt. Meine Eltern standen in der Backstube, die Großmutter verkaufte. Es lange wohl gerade so zum Leben.

Feinste Sinne

Niemand hatte Zeit, um mit mir auf den Spielplatz zu gehen. So wurde ich in der Backstube groß. Schon als Kleinkind schälte ich Mandeln, mahlte Semmelmehl und rupfte Holzstücke aus Obstkisten, für das Anfeuern des Ofens. Während andere Kinder im Sand spielen, mischte ich mit einer Holzschaufel den Sauerteig. Doch der besondere Kindergarten schulte meine Sinne! Bis heute rieche, fühle und schmecke ich feinste Unterschiede in Rohstoffen, Teigen und Gebäcken. Ich brauche nicht den ph-Wert des Sauerteigs zu messen, denn ich kann den Reifegrad schmecken! Backen ist Erfahrung und Gefühl.

Laute Musik

Meinen Ausgleich fand ich schon früh in der Musik. Sehr, sehr laute Musik, so wie mein großer Cousin, der Heavy Metal Musik liebt. Ich habe verschiedene Instrumente ausprobiert und entschied mich, das lauteste davon zu lernen: Schlagzeug! Mein erstes Taschengeld habe ich für eine Musikkassette von Iron Maiden ausgegeben. Kurz darauf wurden meine Eltern von der Lehrerin wegen der „abscheulichen Musik und Texte“ einbestellt.

Zwei Welten

Auch in meiner Jugend lebte ich in zwei Welten: Bäckerei und Musik. Ich habe den Bäcker­beruf erlernt, wurde danach auch Konditor, beides mit Auszeichnung. Selbst beim  weiterführenden Wettbewerb der Innungsbesten durfte ich antreten. Mein knappes Lehrlingsgehalt habe ich durch die Mitwirkung in verschiedenen Combos aufgebessert. Oft ging es nahtlos von der Bühne in die Backstube. Schlaf war Mangelware. An meinen freien Tagen in den Ausbildungsbetrieben habe ich zuhause mitgeholfen. Meinen Wehrdienst habe ich im nahen Veitshöchheim absolviert, im Heeresmusikcorps. So konnte ich nachts weiterhin den Eltern helfen. Auch hier: Bäckerei und Musik, im steten Wechsel.

Junger Meister

Meine Meisterausbildung habe ich an der Bundesakademie des Bäckerhandwerks in Weinheim absolviert, die weltweit renommierte Kaderschmiede unserer Zunft. Ich war einer der Jüngsten und schaffte trotzdem auch hier die Bestnote. Nach der Meisterprüfung bin ich in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Doch ich wollte mehr lernen, mich fachlich entwickeln. Immer wieder kehrte ich nach Weinheim zurück, um Fachseminare zu belegen, bis heute. Meine Passion für gutes Brot wuchs und die Musik wurde mehr und mehr nur zum Hobby.

Harter Schlag

Schon in jungen Jahren habe ich meine Jugendliebe Eva geheiratet. Der erste Sohn wurde geboren, später ein zweiter. Mit der Bäckerei expanierte und Filialen brachten neue Kunden. Ich war als Bäcker aktiv, doch die Eltern hielten weiterhin die Zügel in der Hand. Sie verbargen, dass die Zahlen noch immer alles andere als rosig waren. Dann der Schicksalsschlag: Unerwartet stirbt mein Vater, 30 Mitarbeiter sind ohne Führung! Mit meiner Frau übernehme ich sehr jung Verantwortung. Unser Credo: Altes bewahren, aber kein Denkmalpfleger sein. Und jeden Tag Spaß haben. Das gelingt, bis heute.

Frischer Wind

Um die nächste Stufe zu erreichen, habe ich mich in Weinheim zum Brot-Sommelier ausbilden lassen, als einer der ersten dieser hochkarätigen Qualifikation überhaupt. Mit diesem Wissen setzte ich anschließend neue Impulse im Sortiment und in der Qualität. Das sprach sich herum. Johann Lafer kam vorbei und brachte die kleine Landbäckerei groß ins ZDF. Beim Wettbewerb „Deutschlands bester Bäcker“ konnte ich das Halbfinale erreichen. Plötzlich wurde bundesweit über meine innovativen Ansätze gesprochen, etwa die Sauerteigreifung durch Schallwellen positiv zu beeinflussen. Hierzu habe ich sogar eine Projektarbeit veröffentlicht. Auch die Macher eines riesigen Musikfestivals fanden das super und ernannten mich zum „Wacken-Bäcker“. Da ist sie wieder: die Verbindung von Bäckerei und Musik.

Die Gegenwart

Durch die neuen Wege und Erfolge werde ich in meinem Handwerk plötzlich bundesweit wahrgenommen, gelte als Mutmacher, gebe Vorträge und gewinne viele renommierte Preise, u.a. den Branchen-Oskar „Marktkieker“ und den bayerischen Staatsehrenpreis. Auch die Bäckerei läuft immer besser. Das Geld reichte für eine neue Backstube nebst einem Raum für Kundenevents. Dort stehe ich inzwischen für mehrere TV-Sender vor der Kamera. Und eine der größten Bäckereien weltweit, die Tsingtao-Brauerei in China, backt in ihrer Backstube auf dem Gelände nach meinen Rezepten ein Bierbrot, mit beschalltem Sauerteig. Axel’s Brot in China – verrückt, oder? Außerdem werde ich im Herbst ein Buch veröffentlichen.

Der steigende Bekanntheitsgrad, die gute Produktqualität und die Investitionen in Backstube und Bildung lassen das Team der Bäckerei Schmitt und meine Familie heute positiv in die Zukunft schauen. Doch ich will mehr. Ich will noch viel mehr Menschen für das Backen begeistern. Außerdem möchte ich junge Menschen vom schönen Bäckerberuf überzeugen. Vielleicht auch meine Söhne, wenn sie später Interesse zeigen. Bis heute durfte ich in meinem Betrieb mehrere Dutzend Azubis auf ihrem Weg begleiten und bin auf jeden Einzelnen noch heute stolz. Als Bäcker suche ich weiterhin die ganz großen Medien, denn Backen verdient eine große Bühne, denn Backen hat Musik.